Finanzsanktionen gegen Russland

Von Abwicklung und Liquidität

Welche Begriffe aus der Bankenwelt jetzt wichtig sind

28.03.2023

  • Die wiederkehrenden Turbulenzen auf den Finanzmärkten zeigen, wie wichtig eine öffentliche Diskussion um Bankenregulierung ist.
  • Für Laien sind diese Diskussionen oft schwer verständlich, vor allem wegen der vielen verwendeten Fachausdrücke, die wir hier erklären.
  • Gleichzeitig gilt: Oft reicht es schon, sich ein wenig mit den Begriffen zu beschäftigen, um die grundlegenden Probleme der Finanzmärkte deutlich besser zu verstehen.

Die Pleite der Silicon Valley Bank, dann der Beinahe-Zusammenbruch der Credit Suisse – es sind bewegte Zeiten auf den Finanzmärkten und ein Ende der Turbulenzen ist noch nicht in Sicht. Wie konnte das passieren, wie lassen sich derartige Krisen in Zukunft verhindern? Und sollten solche Turbulenzen nach der Finanzkrise und dem Crash von Lehman Brothers nicht eigentlich der Vergangenheit angehören?

Diese Diskussion ist wichtig, aber für Laien und Außenstehende oft schwer zu verstehen – einfach deswegen, weil viele Fachbegriffe und Zusammenhänge nicht ohne weiteres verständlich sind. Hier finden Sie die wichtigsten Fachwörter rund um das Thema Banken und ihre Regulierung, jeweils kurz und verständlich erklärt.

Liquidität

Liquide bedeutet flüssig – Liquidität gibt also an, wie flüssig jemand im sprichwörtlichen Sinne ist. Anders gesagt: Je höher die Liquidität, desto mehr Mittel hat jemand zur Verfügung, um für etwas zu bezahlen. Im Falle von Banken geht es bei Liquidität vor allem darum, ob sie kurzfristig ihre Forderungen bedienen und das angelegte Geld ihrer Kund*innen auszahlen können. Eine niedrige Liquidität kann dazu führen, dass Banken im Fall eines „Bank Runs“ (dt. „Bankansturm“) in Zahlungsnot kommen, wenn sie sich auf dem Finanzmarkt keine weiteren kurzfristigen Gelder mehr leihen können.

Einlagen (und Einlagensicherung)

Geld, das Kund*innen bei einer Bank anlegen, wird auch als Einlagen bezeichnet. Die Einlagensicherung ist ein Mechanismus, der dieses Geld auch im Fall der Pleite einer Bank schützt. Unter anderem sollen damit Bank Runs verhindert werden – weil Anleger*innen sich sicher sein können, dass ihr Geld auch im schlimmsten Fall geschützt ist. In Deutschland etwa gilt seit Ende 2010 eine gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 Euro, viele Institute garantieren auch höhere Summen.

Anleihen

Anleihen sind Finanzprodukte, herausgegeben in der Regel von Banken, Staaten oder Unternehmen. Andere Begriffe dafür sind zum Beispiel Schuldverschreibung oder englisch „Bonds“. Die Herausgebenden beziehungsweise Emittent*innen erhalten damit Geld, die Abnehmenden legen ihr Geld an – anders als bei Aktien mit eher wenig Risiko und zu festgelegten Laufzeiten und Zinssätzen, allerdings auch ohne die Mitspracherechte von Aktionär*innen. (Es gibt auch Aktienanleihen, die beide Formen kombinieren, das ist aber ein Sonderfall.)

Banken geben in der Regel Anleihen heraus, investieren aber auch selbst, zum Beispiel in Staatsanleihen. Kritisch wird es, wenn diese Anlagestrategie scheitert, etwa im Fall der Silicon Valley Bank: Die hatte viel Geld ihrer Kund*innen in eher niedrig verzinste Staatsanleihen gesteckt. Als die Zinsen stiegen, waren diese weniger wert – und die Bank war nicht in der Lage, einen plötzlichen Kundenansturm zu bedienen.

Eigenkapital (und Leverage Ratio)

Das Eigenkapital einer Bank ist – vereinfacht ausgedrückt – das Geld, das ihr tatsächlich gehört und das sie nicht zurückzahlen muss. Gegenstück dazu ist das Fremdkapital, darunter etwa die Einlagen von Kund*innen, aufgenommene Kredite oder ausgegebene Anleihen.

Je höher die Eigenkapitalausstattung einer Bank, desto größer ist ihr Puffer im Krisenfall – also dann, wenn zum Beispiel plötzlich viele ausgegebene Kredite nicht bedient werden können. Eigenkapital spielt auch in der Realwirtschaft eine Rolle. Realwirtschaftliche Unternehmen kalkulieren in der Regel mit Eigenkapitalquoten von 25 bis 30 Prozent. Banken dagegen verfügen über weit weniger Eigenkapital, was vielen von ihnen in der Finanzkrise ab 2007/2008 zum Verhängnis wurde.

Nach der Krise wurde deshalb eigentlich vereinbart, die Eigenkapitalquoten bei Banken so zu erhöhen, dass sie sicherer aufgestellt sind. Doch noch immer liegen sie nach Ansicht vieler Expert*innen viel zu niedrig – vorgeschrieben sind in der EU zum Beispiel nur Quoten im einstelligen Prozentbereich.

So hatte die Deutsche Bank 2022 beispielsweise 4,6 Prozent Eigenkapital. In der Finanzbranche wird diese Zahl als Leverage Ratio (Verschuldungsquote) bezeichnet. Dem Eigenkapital steht also eine Fremdverschuldung von 95,4 Prozent gegenüber. Es findet sich für die Deutsche Bank 2022 aber auch eine weitere Kennzahl, die sogenannte harte Kernkapitalquote. Diese beträgt 13,4 Prozent und ist deutlich höher. Allerdings handelt es sich dabei um gewichtetes Eigenkapital. Banken können mit eigenen Modellen das Risiko auf den Bilanzen „gewichten“ und somit selbstständig herunterrechnen.

Ein besseres Maß für die Stabilität von Banken ist somit die ungewichtete Eigenkapitalquote (Leverage Ratio): Sie gibt an, wie viel Kernkapital die Bank im Verhältnis zu ihrer gesamten Bilanz besitzt.

Trennbankensystem (und Ringfencing)

Ein Trennbankensystem bezeichnet ein Finanzsystem, in dem die Banken ihre eigenen riskanten Geschäfte von ihrem Geschäft mit Kund*innen trennen müssen. Eine Trennung der beiden Geschäftsbereiche soll sicherstellen, dass die Einlagen der Bankkund*innen besser geschützt werden und Banken in Krisenzeiten trotzdem weiter Kredite an Unternehmen ausgeben können. Zusätzlich kann ein Trennbankensystem dazu führen, dass strauchelnde Banken die Banken anderer Länder im Krisenfall nicht mit sich nach unten ziehen.

Abwicklung

Geht eine Bank pleite, muss diese abgewickelt werden. Damit das nicht die Finanzstabilität gefährdet und der Staat nicht die Verluste der Bank tragen muss, wird auf einen vorgeschriebenen Abwicklungsmechanismus zurückgegriffen. In Europa gilt der einheitliche europäische Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism SRM), der im Rahmen der sogenannten Bankenunion (siehe unten) verabschiedet wurde. Dieser sieht vor, dass im Falle einer Abwicklung primär die Anteilseigner*innen und Gläubiger*innen der Bank die Verluste und Risiken tragen.

Wenn die Mittel der Anteilseigner*innen und Gläubiger*innen nicht ausreichen, um im Fall einer Bankenpleite alle Verluste aufzufangen, werden zusätzlich Gelder aus dem sogenannten Abwicklungsfonds verwendet. Dieser staatenübergreifende Fonds wird durch Beiträge des Bankensektors finanziert. So haftet zusätzlich das gesamte Bankensystem im Falle von einzelnen strauchelnden Banken.

Nach dem derzeitigen Stand funktioniert dieses System jedoch nicht:

  1. Der erste Grund dafür ist, dass es einen großen Komplex möglicher Szenarien gibt. Im konkreten Krisenfall kann daher unklar sein, was zu tun ist.
  2. Es gibt generell Zweifel darüber, ob nicht die Tatsache, dass Anteilseigner*innen und Gläubiger*innen die Verluste auffangen müssen, schon alleine ausreichen würde, um das Finanzsystem ins Wanken zu bringen – ein systematisches Risiko, das Zentralbanken und Regierungen nicht zulassen könnten.

Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass der einheitliche europäische Abwicklungsmechanismus in der Lage gewesen wäre, eine Großbank wie die Credit Suisse in der notwendigen Geschwindigkeit abzuwickeln – also so schnell, dass nicht auch andere Banken ins Wanken geraten.

Finanztransaktionssteuer

Eine Finanztransaktionssteuer besteuert den Vorgang einer Finanztransaktion von beispielsweise Aktien. Dabei geht es um den Vorgang als solchen und nicht um den sich aus der Aktion ergebenden Gewinn. Ziel einer Steuer auf Finanztransaktionen soll es sein, dass Instrumente wie der Hochfrequenz-Handel eingedämmt werden. Zudem sollen sich damit die Finanzmärkte an den gesellschaftlichen Kosten und Risiken beteiligen, die sie in den letzten Jahrzehnten immer wieder in Milliardenhöhe verursacht haben.

Bankenunion

Das Projekt der Bankenunion wurde 2014 als Folge der Finanzkrise gegründet. Ziel war, die Stabilität des Bankensektors zu verbessern und im Falle des Bankenausfalls nicht Geld von Steuerzahlenden einsetzen zu müssen.

Das europäische Projekt stützt sich auf drei Säulen:

  1. Den einheitlichen Aufsichtsmechanismus,
  2. den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (siehe oben) und
  3. die europäische Einlagensicherung.

Die erste Säule regelt die direkte Aufsicht (Single Supervisory Mechanism, SSM) der europäischen Großbanken durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die zweite Säule regelt den Abwicklungsprozess von Banken (Single Resolution Mechanism, SRM), sollten diese in eine Schieflage geraten. Diese Säule wurde allerdings bisher noch nie angewendet.

Die dritte Säule umfasst Regelungen, um die Einlagen von Kund*innen aller europäischen Banken zu sichern. Die Einlagensicherungsrichtlinie (Deposit Guarantee Schemes Directive, DGS) sieht vor, Banken im Falle einer Insolvenz mit Einlagen bis zu 100.000 Euro abzusichern und somit auch mögliche Bank Runs zu verhindern. Bisher ist eine Einlagensicherung aber nur auf nationaler Ebene in Kraft. Auf der europäischen Ebene ist die Einlagensicherung nicht verabschiedet worden – durch die Blockade von Ländern wie Deutschland.

Mehr zum Thema

Banken und Schattenbanken

Banken und Schattenbanken

Banken und Schattenbanken sind zentrale Akteurinnen an den Finanzmärkten und erfüllen teils wichtige Aufgaben. Doch sie stellen auch eine große Gefahr für die Finanzstabilität dar.

Banken und Schattenbanken

Trennbankensystem einfach erklärt

Ein Trennbankensystem trennt das Kredit- und Einlagengeschäft der Geschäftsbanken institutionell von spekulativ agierenden Investmentbanken ab. Durch die Trennung der Geschäftsbereiche kann vermieden werden, dass Banken „too big to fail“ werden.

Banken und Schattenbanken

Finanzsanktionen gegen Russland einfach erklärt

Auf Putins Invasion der Ukraine folgten beispiellose Finanzsanktionen gegen Russland. Doch was sind überhaupt SWIFT, Korrespondenzbanken, Zentralbank-Reserven und ausländische Vermögenswerte russischer Oligarch*innen? Und was bedeuten die verhängten Sanktionen eigentlich und wie (können sie) wirken?

Blackrock

Handlungsbedarf bei BlackRock und Co.

Vermögensverwalter*innen wie BlackRock haben enorme Macht, da sie unter anderem Haupteigentümer*innen fast aller börsennotierten Unternehmen sind und einen riesigen Datenpool kontrollieren. Systemrelevante Schattenbanken sind noch immer nicht konsequent reguliert.

Politisch steuern in Krisenzeiten

Politisch steuern in Krisenzeiten

Systemische Krisen haben die politischen Entscheidungen der letzten Jahre geprägt. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass auch in den nächsten Jahren Politik in starkem Maße krisengetrieben sein wird. Warum wir diese künftig nutzen sollten, um Ursachen und Probleme tiefgreifend anzugehen.