Riester-Rente
- Die Riester-Rente ist eine staatlich geförderte, aber privat finanzierte Altersvorsorge. 16,4 Millionen Riester-Verträge haben die Deutschen bislang abgeschlossen.
- Eine Schwäche vieler Riester-Produkte ist die hohe Kostenbelastung: Eine Analyse der Bürgerbewegung Finanzwende zeigt, dass bei einem durchschnittlichen Vertrag nahezu jeder vierte eingezahlte Euro in die Kosten fließt.
- Andere Länder zeigen, wie es besser geht: Der schwedische Vorsorgefonds ist ein kapitalgedecktes und staatlich organisiertes Vorsorgeprodukt für alle Bürger*innen. Er kommt mit deutlich geringeren Kosten aus.
Die Riester-Rente wurde 2002 im Zuge der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Damals beschloss die Bundesregierung eine Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus. Die Riester-Rente sollte die dadurch entstandene Versorgungslücke ausgleichen.
Das Prinzip der Zusatzvorsorge: Die Kund*innen zahlen bis zum Rentenalter ein – und erhalten bei Sparverträgen danach lebenslang eine monatliche Auszahlung. Die Einzahlungen werden vom Staat in der Sparzeit durch Zulagen und Steuervorteile gefördert. Im Gegenzug sind die Auszahlungen später vollständig steuerpflichtig.
Grundsätzlich können alle, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, und Beamt*innen einen geförderten Riester-Vertrag abschließen. Sie sind im Amtsdeutsch „unmittelbar Zulagenberechtigte“. Für Selbstständige gilt die unmittelbare Riester-Förderung hingegen nicht.
Versicherungswirtschaft hat die Nase vorn
Der mit Abstand größte Anteil von Riester-Sparverträgen entfällt nach wie vor auf die Versicherungswirtschaft. Sie allein verwaltet 10,7 Millionen Riester-Renten. Hinzu kommen aktuell Angebote von einer Handvoll Fondsgesellschaften und von vereinzelten Banken. Außerdem bieten Bausparkassen einen etwas anders konstruierten Wohn-Riester. Insgesamt gibt es derzeit rund 16,4 Millionen Riester-Verträge.
Riester-Verträge werden vom Staat mit direkten Zulagen und indirekt durch eine Steuerstundung gefördert. Die jährliche Grundzulage beträgt seit 2018 pro Person 175 Euro, die Kinderzulage 185 Euro für bis Ende 2007 geborene und 300 Euro für ab 2008 geborene Kinder.
Um die volle Riester-Förderung zu erhalten, müssen jährlich mindestens 4 Prozent des rentenversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens eingezahlt werden. Mehr als 5 Millionen der über 16 Millionen Riester-Sparer*innen zahlen jedoch im Moment so wenig ein, dass sie nicht die volle staatliche Zulage bekommen. Jeder fünfte Vertrag wird schätzungsweise gar nicht mehr bespart.
Verbraucherschützer*innen kritisieren hohe Kosten
Ein wichtiger Grund für die Kritik an Riester-Produkten sind die hohen Gebühren. Die Bürgerbewegung Finanzwende hat im Dezember 2020 die Kosten von 65 Riester-Rentenversicherungen anhand der offiziellen Muster-Produktinformationsblätter untersucht. Das Ergebnis: Bei einem durchschnittlichen Angebot fließt nahezu jeder vierte eingezahlte Euro in die Kosten. In der Spitze sind es sogar 38 von 100 Euro von Beitrag und Zulagen. Eine Zusammenfassung der Auswertung finden Sie hier, eine detaillierte Liste der Kosten aller untersuchten Anbieter*innen hier.
Für jede Form des Vorsorgesparens fallen Kosten an, das ist auch völlig in Ordnung. Für Sparende kommt es allerdings darauf an, dass sie effiziente Produkte angeboten bekommen – also solche, wo möglichst wenig für Kosten abgezogen wird und möglichst viel im Spartopf landet. Bei vielen typischen Riester-Angeboten wie fondsgebundenen Rentenversicherungen müssen Verbraucher*innen jedoch bis zu drei Seiten bezahlen: den Vertrieb, das Versicherungsunternehmen und die Fondsgesellschaft. Das ist teuer.
In Zeiten niedriger Zinsen werden die Kosten immer wichtiger für die Frage, wie gut ein Vorsorgeprodukt ist. Auf der einen Seite beklagen die Versicherungsgesellschaften, dass die Riester-Angebote aufgrund von Vorgaben und komplizierter Wahlmöglichkeiten so teuer seien. Sie wollen die bisherige Förderung noch ausweiten, etwa auf Selbstständige. Verbraucherschützer*innen hingegen monieren schon seit Jahren, dass die Versicherer ihre Hausaufgaben bei den Kosten nicht gemacht hätten.
Chronik: Was seit der Einführung der Riester-Rente passiert ist
2002
Die private und staatlich geförderte Zusatzvorsorge wird von ihrem Namensgeber, dem damaligen Arbeitsminister Walter Riester, eingeführt.
2005
Die Riester-Rente wird mit dem Alterseinkünftegesetz vereinfacht. Es wird zum Beispiel einfacher, einen Antrag auf staatliche Zulagen zu stellen. Gleichzeitig erhalten Versicherer ihre Abschlussprovision künftig schneller, verteilt über fünf statt bisher zehn Jahre.
2006
Ab sofort gelten Unisex-Tarife: Frauen und Männer erhalten nun für den gleichen Beitrag auch die gleiche Rente. Zuvor erhielten Frauen wegen ihrer höheren Lebenserwartung eine geringere monatliche Rente.
2008
Der Wohn-Riester wird neu eingeführt. Riester-Sparer*innen können ihr angesammeltes Kapital ab sofort auch für den Bau oder Kauf einer selbst genutzten Immobilie einsetzen.
2013
Die Vergleichbarkeit der Riester-Angebote soll durch einheitliche Produktinformationsblätter für Kund*innen erhöht werden. Kosten müssen jetzt pro Vertrag ausgewiesen werden, die Gebühren beim Anbieterwechsel werden auf 150 Euro gedeckelt.
2018
Die staatliche Grundzulage wird von 154 auf 175 Euro erhöht. Außerdem verhindert eine Neuregelung, dass die Zusatzrente vollständig mit der Grundsicherung von Rentner*innen verrechnet wird.
2021
Die neue Ampel-Koalition will die private Altersvorsorge in Deutschland „grundlegend reformieren“, verspricht sie im Koalitionsvertrag. Dazu soll das Angebot eines öffentlich organisierten und kostengünstigen Fonds geprüft werden. Konkreter wird die neue Regierung aber in Sachen Riester nicht. Nur eines ist klar: Was auch kommt, für laufende Riester-Verträge soll ein Bestandsschutz gelten.
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