Finanzlobbyismus

Finanzwende klagt auf mehr Lobbytransparenz

23.05.2022

  • Finanzwende Recherche will Transparenz über Lobbytreffen von Olaf Scholz schaffen.
  • In der letzten Regierungsperiode gab es mehrere Finanzskandale (Greensill, Wirecard etc.), sodass die Offenlegung der Treffen für die Öffentlichkeit erst Recht von Interesse wäre.
  • Doch selbst auf eine Klage von Finanzwende Recherche reagiert das Ministerium mit einer fadenscheinigen Ablehnungsbegründung.

Worum geht es?

Finanzwende Recherche verschreibt sich der Aufklärung von Fehlentwicklungen. Dazu gehört auch die mangelnde Transparenz über die Lobbyarbeit der Finanzbranche. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Finanzskandale, die sich in Deutschland in den letzten Jahren zugetragen haben, ist Transparenz noch notwendiger geworden.

Als Bundesfinanzminister hat Olaf Scholz in seiner Amtszeit zahlreiche Unternehmen und Verbände der Finanzbranche zu Gesprächen getroffen. Mit einer Informationsfreiheitsanfrage wollten wir herausfinden, welche Banken, Versicherer und Fondsgesellschaften Herr Scholz getroffen hat und wie häufig. Nach dem Inhalt der Gespräche wurde nicht gefragt. Trotzdem verweigerte das Ministerium die Auskunft. Finanzwende klagt nun auf die Herausgabe der Informationen.

Was jetzt?

Das Finanzministerium mauert und erklärt, die Informationen lägen nicht vor – ganz so, als hätten Minister*innen keine Terminkalender. Sie behaupten sogar, eine Beantwortung der Anfrage würde künftiges Regierungshandeln erschweren. Das können wir nicht nachvollziehen. Transparenz ist schließlich ein Grundsatz der Demokratie. Wir sehen uns daher gezwungen, auf dem Klageweg Einsicht in die Lobbytreffen von Olaf Scholz einzufordern. Doch in diesem Zuge folgte die nächste absurde Ablehnungsbegründung des Bundesfinanzministeriums.

In ihrer Klageerwiderung bittet die Behörde das Berliner Verwaltungsgericht, die Klage abzuweisen und zieht sich in dem Schreiben unter anderem auf das Lobbyregistergesetz zurück, das nach Auffassung des Ministeriums die Transparenz von Lobbykontakten abschließend regelt. Unsere Anwältinnen finden die Argumentation „abstrus“. Denn das hieße, dass das neue Lobbyregistergesetz den Informationsanspruch der Bürger einschränken würde – dabei zielt das Gesetz ja gerade auf das Gegenteil ab und soll für mehr Transparenz sorgen.

In einem weiteren Schriftsatz aus dem März 2022 bleibt das Ministerium im Wesentlichen bei seiner bisherigen Argumentation. Hier wird also weiter auf Intransparenz gesetzt. Mit einer Erwiderung machten wir deutlich, dass wir das nicht einfach akzeptieren werden. Finanzwende hält an der Klage fest und schaut gespannt auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Zum Hintergrund

Im Zuge einer Studie der Bürgerbewegung Finanzwende zu Lobbyismus im Finanzmarktbereich (12/2020) ist deutlich geworden, dass mittels der öffentlich einsehbaren Informationen nicht umfassend Transparenz über das Lobbyverhalten der Finanzbranche geschaffen werden kann. Die Treffen und Gespräche der Finanzlobby mit dem Finanzminister und seinen Staatssekretär*innen bleiben oftmals geheim. Eigentlich sollten die zahlreichen Skandale im Finanzmarktbereich und die Verstrickung von Politiker*innen in diese deutlich gemacht haben, wie wichtig Transparenz gerade in der Finanzmarktpolitik ist.

Warum Olaf Scholz?

Olaf Scholz war von 2018 bis 2021 deutscher Finanzminister. Zudem sind aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister Lobbytreffen mit einem CumEx-Banker in Erinnerung, gegen den bereits Ermittlungen liefen. Deshalb hat Finanzwende Recherche im Sommer 2021 um Auskunft beim Bundesministerium der Finanzen gebetenWir wollten wissen, mit welchen Banken, Versicherern und Verbänden sich Olaf Scholz in seiner Amtszeit als Finanzminister getroffen hat. Die Antwort steht bis heute aus. Stattdessen betonte das Ministerium, wie wichtig ihm der Austausch mit Verbänden und Unternehmen sei und verweigert nach wie vor die Auskunft.

Klagedokumente

Alle Dokumente zur Klage in chronologischer Reihenfolge:

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