Finanzlobbyismus

Lobbyismus in Justiz und Rechtswissenschaft

12.01.2022

  • Das Vertrauen in die Neutralität und Unabhängigkeit von Richter*innen, Staatsanwält*innen und Rechtswissenschaft ist ein zentraler Faktor für das Vertrauen in unseren Rechtsstaat.
  • In einer Studie zeigen wir auf, dass es viele Einflussmöglichkeiten auf die Justiz und Rechtswissenschaft gibt.
  • Bisher gibt es kaum Transparenz darüber, wer diese Möglichkeiten wie nutzt. Auch fehlen entsprechende Verhaltensregeln.

Die Justitia steht mit ihrer Augenbedeckung symbolisch für die Neutralität der Gerichte. Denn die Justiz soll auf Grundlage der Gesetze alle gleichbehandeln, unabhängig davon, um wen es geht. Darauf basiert das Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Und deshalb haben Richter*innen auch eine bevorzugte Stellung in diesem Land. Sie erhalten Pension, sind auf Lebenszeit ernannt und unabsetzbar. Dies soll ihre so wichtige Unabhängigkeit garantieren.

Finanzstarke Akteur*innen und die Justiz

Doch es gibt zu viele Einflussmöglichkeiten für finanzstarke Akteur*innen auf die Justiz – das zeigt eine Studie von Finanzwende Recherche. Sie macht deutlich: Auch wenn wir in der Regel bei Lobbyismus an Beeinflussungsversuche von Abgeordneten und Ministerien denken, so ist auch der Rechtsbereich davon betroffen.

Wenn Richter*innen mit Nebenverdiensten für bezahlte Vorträge ihr Einkommen vervielfachen können, dann können Zweifel an der Unabhängigkeit entstehen – zumal dann, wenn die Herkunft der Gelder nicht transparent gemacht wird. Oder wenn Richter*innen zusammen mit Anwält*innen Beiträge veröffentlichen, obwohl sie bei Gericht aufeinandertreffen. Oder auch dann, wenn Richter*innen direkt von einem Gericht zu einem Unternehmen wechseln, mit dem sie bereits während der richterlichen Tätigkeit Kontakt hatten. Alle diese Interessenkonflikte gab es bereits in Deutschland. Sie können Misstrauen erwecken und zugleich den Ruf aller Richter*innen gefährden.

Einflussmöglichkeiten in der Rechtswissenschaft

Doch nicht nur Richter*innen sind Einflussversuchen ausgesetzt. Auch in der Rechtswissenschaft kommt es dazu, zum Beispiel wenn Lehrstühle durch Unternehmen finanziert werden oder Gutachten aus der Finanzbranche beauftragt werden. So haben Professor*innen öffentlicher Universitäten zu CumEx-Geschäften bezahlte Gutachten und wissenschaftliche Beiträge verfasst. Darin kamen sie ganz im Sinn der Branche zu dem Schluss, dass diese Geschäfte legal seien.

Manchem stellt sich nun vielleicht die Frage, was ist daran so schlimm? Nun, Richter*innen treffen ihre Entscheidungen auch auf der Grundlage der vorhandenen (wissenschaftlichen) Literatur zum jeweiligen Thema. Insofern ist wichtig, dass interessengeleitete und von einer Partei finanzierte Veröffentlichungen von neutralen wissenschaftlichen Publikationen unterscheidbar sind. Doch es besteht mitunter nicht einmal Transparenz darüber, wer die Schriften in Auftrag gegeben hat.

Studie „Lobbyismus in Justiz und Rechtswissenschaft“

So ergibt sich ein Bild, dass durch diverse Einflussmöglichkeiten Zweifel an der Unabhängigkeit des Rechtsbereichs aufkommen können. Eigentlich sollte verhindert werden, dass Menschen schon nur den Eindruck gewinnen können, dass der Justitia in manchen Fällen die Augenbedeckung verrutscht. Denn hier geht es um eine Säule unseres Rechtsstaats. Insofern nennt unsere Studie auch einige Vorschläge, wie durch mehr Transparenz und weitere Maßnahmen Lobbyismus im Rechtsbereich entgegengewirkt werden kann.

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Eine Studie von Finanzwende Recherche zeigt: Es gibt zu viele Einflussmöglichkeiten für finanzstarke Akteur*innen auf die Justiz. Dabei sind Neutralität und Unabhängigkeit von Richter*innen, Staatsanwält*innen und Rechtswissenschaft zentrale Faktoren für das Vertrauen in unseren Rechtsstaat.