Der Entwurf eines „Gesetzes zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ greift wichtige Kritikpunkte der Finanzwende auf, geht aber an einigen Stellen längst nicht weit genug. Nach dem Anlageskandal um den Containeranbieter P&R will die Bundesregierung das Vermögensanlagengesetz deutlich verändern. Ein Blind-Pool-Verbot, eine Mittelverwendungskontrolle und die Stärkung von Rechten der Finanzaufsicht BaFin sind wesentliche Verbesserungen. Doch in einigen Bereichen gehen die in einem Referentenentwurf vorgestellten Änderungen längst nicht weit genug, um Betrügereien wirksam verhindern zu können.
- Erweiterung der Befugnisse durch die BaFin gehen längst nicht weit genug.
- Mittelverwendungskontrolleur soll den korrekten Einsatz der Anlegergelder sicherstellen und ein Verbot von Blind-Pools soll dem Anleger eine bessere Entscheidungsgrundlage liefern.
- Leider weiterhin eine Finanzvermittlung bei Vermögensanlagen möglich.
Demnächst jährt sich die größte Pleite auf dem Grauen Kapitalmarkt zum dritten Mal. Der 2018 insolvent gegangene Containeranbieter P&R hat 3,5 Milliarden Euro von 54.000 Anlegern eingesammelt und die dafür zu kaufenden Container nicht alle angeschafft. Rund eine Million dieser Stahlboxen fehlte, weshalb der Insolvenzverwalter den Anlegern vermutlich weniger als ein Drittel ihrer Forderungen zurückzahlen kann. Eine zentrale Rolle in diesem Finanzskandal spielte die Finanzaufsicht BaFin, die von all dem nichts merkte (siehe auch: BaFin, aufwachen!)
Geplante Kompetenzerweiterung der Finanzaufsicht BaFin
Als einer der Lösungsansätze zur Stärkung des Anlegerschutzes wird vom federführenden Bundesministerium der Finanzen die Erweiterung der Kompetenzen der Finanzaufsicht beschrieben. Doch so vielversprechend diese Ankündigung klingt, so ist leider die geplante Umsetzung nahezu zahnlos. Denn im Wesentlichen betrifft sie nur die Auskunftspflichten gegenüber der BaFin,[1] in dem nicht mehr nur der Emittent oder Anbieter einer Vermögensanlage auskunftspflichtig ist, sondern „jedermann“. Damit soll speziell auch geprüft werden können, ob Anhaltspunkte für eine Prüfung der eventuell unzureichenden Rechnungslegung[2] vorliegen. Und falls die BaFin Fehler in der Rechnungslegung feststellen sollte, dann wird auch eine sofortige Vollzugsmöglichkeit geschaffen. Doch in der Praxis wird das schon deshalb nur begrenzt wirken, weil die Regelung nicht für die am Markt bereits platzierten Vermögensanlagen gelten soll. Ein unsinniges Vorgehen, das vergleichbar einer Änderung der Höchstgeschwindigkeit nur für jüngere Verkehrsteilnehmer wäre. Hinzukommt: Jede Stärkung einer Behörde, die schon in der Vergangenheit bei Fällen wie P&R oder Wirecard nicht ausreichend von ihren Kapazitäten Gebrauch gemacht hat, kann nicht die alleinige Lösung sein. Es braucht parallel eine andere Aufsichtskultur der BaFin, ja schlichtweg ein anderes Selbstverständnis der Behörde, das stärker am Interesse der Verbraucherinnen ausgerichtet ist (siehe auch: Finanzwende-Report – Die Akte BaFin).
Mittelverwendungskontrolle und Blind-Pool-Verbot
Die neue Vorschrift einer verpflichtenden Mittelverwendungskontrolle soll zukünftig für alle Direktinvestments gelten. Dabei wäre unerheblich, ob der Erwerb unmittelbar oder nur mittelbar über Zwischengesellschaften erfolgt. Den Begriff des Sachgutes will der Gesetzgeber sehr weit gefasst verstanden wissen, so dass neben Grundstücken, Immobilien und Containern auch Bäume oder sogar Tiere darunter fallen. Berufsspezifische Vorgaben an die Kontrolleure sowie ein im Bundesanzeiger für jedermann einsehbarer Ergebnisbericht sind weitere Aspekte, die Zweckentfremdungen zukünftig deutlich erschweren.
Dies gilt vor allem auch deshalb, weil Blind-Pools künftig verboten sind: „Vermögensanlagen, bei denen das Anlageobjekt zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkaufsprospekts oder in Fällen des § 2a zum Zeitpunkt der Erstellung des Vermögensanlagen-Informationsblatts nicht konkret bestimmt ist, sind zum öffentlichen Angebot im Inland nicht zugelassen.“[3] Diese sehr einschneidende Maßnahme wird damit begründet, dass für einen Anleger in solchen Fällen die „vollständige Bewertung der Vermögensanlage“ unmöglich ist. Selbst für Semi-Blind-Pools soll das gelten, wobei nicht klar ist, ob es eine gewisse Unerheblichkeitsgrenze für eine beispielsweise vorzuhaltende Liquiditätsreserve geben soll.
Leider keine Beratungspflicht
Das im Entwurf des Gesetzes ebenfalls vorgesehene Verbot des Eigenvertriebs durch den Anbieter der Vermögensanlage mag zwar ein Schritt in die richtige Richtung sein[4], geht aber längst nicht weit genug. Vermögensanlagen sind sehr komplexe Finanzprodukte vergleichbar einem Medikament mit starken Nebenwirkungen. Solche Medikamente darf ein Apotheker auch nicht ohne ärztliches Rezept aushändigen, weshalb analog bei Vermögensanlagen die Anlagevermittlung ohne Geeignetheitsprüfung unterbleiben sollte. Nur eine Anlageberatung durch einen dafür zugelassenen Finanzexperten stellt sicher, dass vernünftige Grundsätze der Risikostreuung bei Anlegern auch eingehalten werden. In Kombination mit der geplanten Beaufsichtigung der Finanzanlagenvermittler durch die BaFin könnte dies wirklich eine weitreichende Verbesserung des Anlegerschutzes auf dem Grauen Kapitalmarkt bewirken.
[1] §19 VermAnlG wird von „Auskünfte des Anbieters“ in „Auskunftspflichten gegenüber der Bundesanstalt“ geändert. Dies soll nicht mehr wie bisher bei einem „Emittenten oder Anbieter“ eingefordert werden können, sondern gegenüber jedermann.
[2] §24 Absatz 5 VermAnlG
[3] §5b (2) VermAnlG Entwurf
[4] §5b (3) VermAnlG Entwurf
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag im Finanzwende-Blog. Die jeweiligen Autor*innen geben nicht zwangsläufig Finanzwende Positionen wieder.
Stefan Loipfinger
Stefan Loipfinger ist Journalist und Autor und einer der engagiertesten Verbraucherschützer Deutschlands, sein Schwerpunkt sind Steuern und Finanzen. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Achtung, Anlegerfallen!“, in dem er unter anderem vor P&R warnte. Er betreibt außerdem den Blog www.investmentcheck.de.