Überschuldung

Die Finanzdienste von Apple, Google und Co.: Ein gefährlich guter Deal

22.03.2025

  • Big Techs sind heute schon zu groß und mächtig. Durch den Einstieg in den Finanzsektor werden sie zusätzlich gestärkt.
  • Eine schnelle europäische Antwort ist notwendig. Die strikte Trennung der Finanzsparte vom Kerngeschäft ist der einzige Weg, Big Techs unfaire Wettbewerbsvorteile und Gefahren aus ihrer Finanzoffensive zu bremsen.
  • Der wachsende Einfluss und die Abhängigkeit von nicht-europäischen Big Tech im systemkritischen Finanzsektor schafft Risiken für Europa und seine Souveränität.

Big Tech wie Apple, Google und Co. mischen in der EU immer stärker im Finanzbereich mit. Sie bieten Banken und Finanzunternehmen wichtige IT-Dienste an (zum Beispiel Amazon Web Services oder Microsoft Azure) und haben für ihre Kund*innen eigene Finanzdienste wie Apple Pay und Google Pay aufgelegt. Big Techs profitieren in mehrfacher Hinsicht von einem Finanzangebot: Sie sammeln wertvolle Daten, verdienen viel Geld und werden immer wichtiger für die Finanzwelt – mit vergleichbar wenig Aufwand und geringem Risiko.

Europa sieht sich großen Risiken ausgesetzt. Denn der Einstieg der BigTech in den europäischen Finanzsektor ist ein Einstieg bereits systemrelevanter Akteure in einen wichtigen und systemkritischen Sektor. Dies ist ein Risiko für die Stabilität des Finanzsystems, für den fairen Wettbewerb sowie den Schutz der europäischen Verbraucher*innen und ihrer Daten. Darüber hinaus sind die Big Tech nicht-europäische Unternehmen, die ganze Sektoren dominieren. Gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheit, etwa durch den Kurs der aktuellen Trump Regierung, ergeben sich ernsthafte Risiken für die strategische Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit der europäischen Demokratien.Die aktuellen europäischen Regeln und Kontrollen für die Finanzdienste der Big Tech reichen nicht aus, um die Risiken effektiv zu adressieren.

Eine schnelle europäische Antwort auf Big Tech im Finanzsektor ist notwendig. Dabei kann nur die strikte Trennung der Finanzsparte vom restlichen Big Tech die unfairen Wettbewerbsvorteile und Risiken aus ihrem breiten Geschäftsmodell eingrenzen. Zunächst sollte dies durch die operative Abschottung der Finanzsparte innerhalb des Big Tech geschehen. Bei anhaltenden Risiken und wachsender Marktkonzentration sollte eine Zerschlagung in Form einer eigentumsrechtlichen Trennung der Finanzsparte vom restlichen Big-Tech ermöglicht werden.

Big Tech im Finanzwesen

Die großen Tech-Konzerne wie Apple, Google und Amazon wachsen rasant und erweitern stetig ihr Einflussgebiet. Neben E-Commerce, sozialen Netzwerken und Hard- sowie Software dringen sie verstärkt in die Finanzwelt ein. Für die BigTech ist die Einführung von Finanzangeboten sehr attraktiv. Ein Blick nach China und in die USA zeigt: Big Techs im Finanzsektor haben großes Erfolgspotenzial und können sehr schnell zu dominanten Finanzakteuren werden.

Vom Tech-Giganten zum Finanz-Giganten

Welche Ausmaße dieses rasante Wachstum insbesondere im Bereich Finanzdienstleistungen annehmen kann, zeigt das Beispiel Alipay in China.

Alipay wurde 2004 als eigener Zahlungsdienst der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba gegründet. Der aus der Not entstandene Zahlungsdienst wurde, nachdem er aus der Muttergesellschaft ausgelagert wurde, binnen weniger Jahre zum größten Finanztechnologie-Unternehmen der Welt.

Das ungehemmte Wachstum kam 2020 erst kurz vor dem geplanten Börsengang durch die chinesischen Aufsichtsbehörden zum abrupten Ende. Dennoch wickelt Alipay heutzutage mehr als die Hälfte aller mobilen Zahlungen in China ab. Gleichzeitig versucht Alipay nun, seine Dienste in Europa zu etablieren – unter anderem als Sponsor der Fußball-Europameisterschaft 2024.

Risiken im toten Winkel der Aufsicht

Die Finanzoffensive von Big Tech bringt große Risiken mit sich. Sie kann die Finanzstabilität gefährden, den fairen Wettbewerb stören und die Daten von Verbraucher*innen unsicher machen. Außerdem kann die Abhängigkeit von US-Konzernen in kritischen Sektoren wie dem Finanzsektor die Souveränität und Handlungsfähigkeit Europas bedrohen.

Die engen Verbindungen zwischen den Finanzdiensten und anderen Geschäftsbereichen machen Big-Tech anfällig: Treten in einem Bereich Probleme auf, kann das den ganzen Konzern destabilisieren. Zudem haben sie durch ihre Ressourcen und Netzwerke klare Vorteile gegenüber anderen Anbietern. Die Verbindung von Finanz- und Nutzerdaten gibt ihnen immense Macht.

Die Regeln und Kontrollen, die es dafür gibt, sind jedoch nicht stark genug, um diese Risiken einzugrenzen. Die entsprechenden Behörden arbeiten oft nicht gut zusammen, obwohl sie dazu in der Lage wären.

Eine europäische Antwort auf Big-Tech im Finanzwesen

Europa braucht eine starke Antwort auf Big Tech im Finanzsektor. Diese sollte an der europäischen Aufsicht, den Marktstrukturen im Finanzsektor und den Konzernstrukturen der Big Tech ansetzen:

Diese Risiken der Big Tech sind aufsichtsübergreifend. Die europäische Aufsicht sollte dafür besser zusammenarbeiten, insbesondere aus den Bereichen Wettbewerb, Datenschutz und Finanzen.

Weiterhin ist es wichtig, die Marktstrukturen hin zu mehr Wettbewerb zu beeinflussen, indem das bestehende Wettbewerbsrecht aktiv angewendet und öffentliche Alternativen geschaffen werden. Öffentliche Projekte wie der digitale Euro können helfen, den europäischen Zahlungsverkehr auf eine eigene Infrastruktur umzustellen und mehr Wettbewerb in einem Markt zu schaffen, der bisher von wenigen US-Unternehmen dominiert wird. Denn aktuell sind grenzüberschreitende Kartenzahlungen in der EU ohne Beteiligung internationaler (nicht-europäischer) Zahlungsdienstleister nicht möglich. Auf Konzernebene sollte eine klare Abschottung der Finanzsparte von den restlichen Geschäftsbereichen erfolgen. So sollten die Finanzsparten zunächst operativ abgeschottet und bei anhaltenden Risiken eigentumsrechtlich abgespalten werden.

Eine mögliche regulatorische Antwort Europas wird in folgender Publikation ausgeführt:

Mehr zu den einzelnen Risiken für Verbraucher*innen, Wettbewerb, Finanzstabilität und Demokratie sowie das große Erfolgspotenzial von BigTech Finanzdiensten wird in der folgenden Publikation ausgeführt:

Das Projekt wird unterstützt von:

Stiftung Mercator

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