
CumCum: Unter dem Radar
Die Aufklärung der illegalen Geschäfte kommt kaum voran
- CumCum-Geschäfte sind wie CumEx-Geschäfte „Tax Trades“, das heißt der Gewinn resultiert allein aus dem illegalen Steuervorteil. Es gibt mehrere Varianten, aber alle zielen darauf ab, in Deutschland fällige Kapitalertragsteuern auf Dividenden zu umgehen.
- CumCum-Geschäfte sind noch viel weiter verbreitet als CumEx-Geschäfte und der Schaden wird auf mindestens 28,5 Milliarden Euro geschätzt. Laut Bundesfinanzministerium (BMF) sind bisher aber gerade einmal 1 Prozent der illegal erlangten Steuergelder zurückgefordert worden.
- In Bezug auf den Stand der Aufklärung von CumCum existiert nur ein Flickenteppich von Informationen auf Bundes- sowie Landesebene. Finanzwende Recherche hat nun öffentlich verfügbare Informationen über Schadensdimensionen und Stand der Aufklärung in einem Kurzreport zusammengetragen und eingeordnet. Sogar Sparkassen haben sich an den CumCum-Geschäften zulasten öffentlicher Kassen beteiligt – obwohl sie als öffentlich-rechtliche Institute gesetzlich zur Gemeinwohlorientierung verpflichtet sind.
Vor zehn Jahren urteilte das höchste Finanzgericht Deutschlands, der Bundesfinanzhof, unter welchen Voraussetzungen eine typische CumCum-Gestaltung illegal ist. Weitere Urteile von Finanzgerichten für weitere typische CumCum-Varianten folgten.
Wo stehen wir bei der Aufklärung des Skandals zehn Jahre nach dem ersten BFH-Urteil?
Leider noch immer am Anfang. Zu CumEx gab es bereits zwei Untersuchungsausschüsse, breite Presseberichterstattung über die Kontakte der Warburg Bank zu Olaf Scholz und mehrere Haftstrafen für beteiligte CumEx-Täter. Laut Bundesfinanzministerium wurden bislang über 3 Milliarden Euro rechtskräftig zurückgefordert, also etwa ein Drittel des geschätzten Gesamtschadens von 10 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu fällt CumCum in der öffentlichen Wahrnehmung oft unter den Tisch. Dabei sind CumCum-Geschäfte (samt sogenannter weitergereichter CumCum-Geschäfte) in Deutschland viel weiter verbreitet und haben einen noch höheren Schaden verursacht, nämlich geschätzt mindestens 28,5 Milliarden Euro.
Finanzwende Recherche erklärt die gängigsten Varianten von CumCum-Geschäften, hat die dazu öffentlich zugänglichen Informationen in einem Kurzreport zusammengetragen und diese eingeordnet. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Rolle der Sparkassen, die ebenfalls CumCum-Geschäfte durchgeführt haben. Ihre Beteiligung an den illegalen Geschäften muss besonders unter die Lupe genommen werden, denn die öffentlich-rechtlichen Institute sind per Gesetz zur Gemeinwohlorientierung verpflichtet. Der Report erklärt, was Gemeinwohlorientierung eigentlich bedeutet und ordnet unter dieser Prämisse die illegalen CumCum-Geschäfte der Sparkassen zulasten öffentlicher Kassen ein.
Flickenteppich von Informationen ist unzureichend
Der vorliegende Report zeigt: Ein entschlossenes Auftreten staatlicher Stellen oder ebensolche öffentlichen Äußerungen sucht man bislang vergebens. Selbst auf parlamentarische Anfragen hin erfolgen Auskünfte über CumCum-Geschäfte zulasten öffentlicher Kassen nur sehr zögerlich. Teilweise berufen sich staatliche Stellen sogar auf das Steuergeheimnis, weil sie offensichtlich das Schutzinteresse der in die CumCum-Geschäfte verwickelten Kreditinstitute selbst ohne Nennung der betroffenen Institute und Unternehmen für gewichtiger halten, als das öffentliche Interesse an der Aufklärung von „Tax Trades“ in Milliardenhöhe zulasten der öffentlichen Kassen.
Im Dunkeln bleibt insbesondere, in welchem Umfang CumCum-Geschäfte durch die Finanzbehörden bisher überhaupt schon überprüft werden konnten. Die Diskrepanz der in den Auskünften von öffentlichen Stellen genannten Zahlen im Vergleich zum (vorsichtig) geschätzten Schadensumfang lässt auf ein immer noch sehr hohes Dunkelfeld von nicht erkannten und/oder nicht aufgegriffenen CumCum-Geschäften schließen.
Die Rolle der Sparkassen
Der Report beleuchtet zudem, dass auch Sparkassen in die illegalen CumCum-Geschäfte involviert waren. Die Beteiligung dieser öffentlich-rechtlichen Institute ist wegen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Gemeinwohlorientierung besonders erschreckend. „Tax Trades“ zulasten öffentlicher Kassen sind damit in keiner Weise vereinbar.
Angesichts der öffentlich-rechtlichen Aufsichtsstrukturen von Sparkassen stellt sich die Frage, inwieweit diese ihren Aufgaben nachkommen und die Geschäfte der Sparkassen zulasten öffentlicher Kassen unterbinden.
Finanzwende Recherche hat daher unter anderem sämtliche Sparkassenverbände angeschrieben. Lediglich zwei Verbände räumten CumCum-Gestaltungen von Sparkassen ein, verwiesen aber auf die noch nicht abschließende juristische Klärung. Angesichts der mittlerweile klaren Rechtslage nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2015 und der weiteren finanzgerichtlichen Urteile zu typischen CumCum-Varianten sowie des die Rechtslage zusammenfassenden BMF-Schreiben aus dem Jahr 2021 erstaunt diese Antwort. Unabhängig davon bleibt völlig offen, inwiefern „Tax Trades“ wie CumCum – also Geschäfte zulasten öffentlicher Kassen – als gemeinwohlorientierte Strategie bewertet werden sollen.
Die Aufklärung von CumCum muss endlich vorankommen
Während die Behörden in anderen europäischen Ländern bereits seit längerer Zeit neben CumEx- auch CumCum-Geschäfte verfolgen und insoweit auch strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet haben, tun sich in Deutschland Steuerbehörden, Justiz und Aufsichtsstrukturen von Sparkassen mit der konsequenten Verfolgung und Unterbindung illegaler CumCum-Geschäften immer noch schwer.
Das ist vor allem im Hinblick auf CumCum-Geschäfte von Sparkassen erschreckend, denn es handelt sich dabei nicht nur um öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, sondern sie sind außerdem gesetzlich zur Gemeinwohlorientierung verpflichtet. „Tax Trades“ zulasten öffentlicher Kassen sind eindeutig nicht damit in Einklang zu bringen.
CumCum-Geschäfte dürfen nicht länger unter dem Radar bleiben, sondern müssen in Deutschland genauso konsequent aufgegriffen und geprüft werden wie in den europäischen Nachbarländern, wenn das Vertrauen in den Rechtsstaat keinen Schaden nehmen soll.
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