Sehr geehrte Damen und Herren,
Frauen stehen beim Vermögen in Deutschland finanziell schlechter da als Männer. 54 Prozent der vermögensarmen Bevölkerungshälfte sind weiblich. Damit sind Frauen unter den Vermögensarmen, die im Schnitt über gerade einmal 6.000 Euro Bruttovermögen verfügen, überrepräsentiert. Bei einer fairen Verteilung über die Geschlechter würde ihr Anteil mit rund 50 Prozent deutlich darunterliegen.
Ganz anders sieht das Bild hingegen in den wohlhabenderen Bevölkerungsgruppen aus. Dort sind Frauen klar in der Unterzahl. Unter den reichsten zehn Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind nur 42 Prozent der Personen weiblich. In der wohlhabenden Mitte machen Frauen einen Anteil von 47 Prozent aus.
„Obwohl so viele Frauen mit wenig Rücklagen klarkommen müssen, fehlt ihre Perspektive sehr oft im politischen Diskurs“, erklärt Britta Langenberg, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz bei Finanzwende Recherche. „Ihre Lebensrealität wird allzu oft ausgeblendet. Das muss sich ändern – insbesondere, wenn es um privaten Vermögensaufbau für alle geht.“
Die Zahlen zur Vermögenssituation von Frauen und Männern stammen aus der Studie „Der Armutsnachteil“, die Finanzwende Recherche gemeinsam mit Forscherinnen der Universität Duisburg-Essen erstellt hat. Sie analysiert die Vermögensrenditen der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland auf Basis von Einzelpersonen, während sich die meisten anderen Studien auf Haushalte beziehen. Die Haushaltsbetrachtung erschwert es, Unterschiede zwischen den Geschlechtern herauszuarbeiten.
„Haushalte sind keine verschmolzene Einheit, sondern in ihnen leben Menschen mit unterschiedlich großem Zugriff auf das jeweilige Vermögen. So kommt es – nicht nur nach einer Trennung – etwa darauf an, wem welches Auto, das Unternehmen oder die Wertpapiere gehören“, sagt Miriam Rehm, Professorin für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen. „Die Betrachtung auf individueller Ebene bildet die Realität von Frauen und Männern besser ab. Denn Vermögen ist eben nicht nur zwischen Haushalten ungleich verteilt, sondern auch zwischen den Geschlechtern innerhalb von Haushalten.“
Die Ursachen für die ungleiche Verteilung sind vielfältig. „Frauen können möglicherweise weniger Geld zurücklegen, weil sie immer noch deutlich weniger verdienen als Männer. Das ist auch ein Risiko für Altersarmut“, so Rehm weiter. „Klar ist, dass es am oberen Ende der Vermögensverteilung dagegen immer noch eine gläserne Decke gibt: Wirklich reiche Menschen sind überwiegend Männer.“
Menschen mit geringen Vermögen leiden der Studie von Finanzwende Recherche zufolge unter einem Armutsnachteil. Dieser Ungleichheitsindikator gibt an, was einer Person aus der unteren Vermögenshälfte pro Jahr gegenüber Wohlhabenderen im Durchschnitt entgeht. Im Jahr 2024 betrug dieser Nachteil 525 Euro. Die Summe ergibt sich, weil vermögensarme Menschen häufig weniger Rendite erhalten und höhere Produktkosten zahlen.
Hintergrund
Die Zahlen entstanden in Zusammenarbeit mit Forscherinnen der Universität Duisburg-Essen. Im Rahmen dieses Projekts, das die Hans-Böckler-Stiftung fördert, wurde im Januar die Studie „Der Armutsnachteil” veröffentlicht. Kern der Studie ist eine Analyse der Vermögensverhältnisse erwachsener Personen in Deutschland auf Basis des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP, 2019).
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Mit freundlichen Grüßen
Henriette Pflug
Finanzwende Recherche
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