Geldwäschebekämpfung durch Private Public Partnerships?

Michael Findeisen

24.03.2022

Anti-Geldwäscheaufsicht auf Abwegen: Für die Anti Financial Crime Alliance fehlt jegliche gesetzliche Legitimation.

  • Seit drei Jahren besteht in Deutschland die Anti Financial Crime Alliance zwischen Aufsichtsbehörden und zu beaufsichtigten Finanzinstituten.
  • Bei diesem Modell öffentlich-privater Partnerschaft können Banken die staatliche Strategie gegen Geldwäsche in Deutschland und dadurch auch den Fokus der Anti-Geldwäscheaufsicht wesentlich beeinflussen.
  • Die Zusammenarbeit geht dabei weit über den gesetzlichen Rahmen des bloßen Informationsaustauschs zwischen Aufsicht und Beaufsichtigten hinaus.

Die Finanzaufsicht BaFin hat am 24. September 2019 zusammen mit der Financial Intelligence Unit (FIU), dem Bundeskriminalamt und zunächst 14 Banken die Anti Financial Crime Alliance (AFCA) gegründet. Inzwischen wurde der Kreis der beteiligten Finanzinstitute und sonstigen beaufsichtigten Unternehmen erheblich ausgedehnt. Unter Federführung der FIU soll die AFCA in „öffentlich-privater Partnerschaft“ den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zwischen Behörden, Instituten und Unternehmen koordinieren.

Die AFCA sei dann erfolgreich im Kampf gegen Geldwäsche, verkündete die BaFin, wenn ein „dauerhafter strategischer Informationsaustausch zwischen Behörden und privaten Instituten und Unternehmen“ gegeben sei. Ähnlich sah es der Leiter der FIU, Christof Schulte. Bei der AFCA solle es sich um ein „partnerschaftliches Austauschformat“ handeln.[1] In einem Fachartikel der BaFin vom 17. Dezember 2021 unter dem Titel „Gemeinsam gegen Geldwäsche“ heißt es weiter, dass sich das Ziel, Geldwäsche zu verhindern, nur erreichen ließe, wenn Aufsicht, Geldwäschebeauftragte (der Institute) und FIU „an einem Strang“ ziehen. Die Zusammenarbeit und die Einflussnahme der Institute auf die Anti-Geldwäschepolitik geht dabei über einen einfachen Informationsaustausch entgegen der rechtlichen Vorgaben weit hinaus.

PPP-Modelle haben in der Aufsichtspolitik gegen Geldwäsche nichts verloren

Als Public Private Partnership (PPP) wird eine Kooperation der öffentlichen Hand mit der Privatwirtschaft in der Leistungsverwaltung verstanden. Es gibt verschiedene Sichtweisen auf die demokratische Legitimation solcher Modelle, die volkswirtschaftlichen Kosten und den haushaltstechnischen Nutzen der PPP.[2] Doch es herrscht Einigkeit darüber, dass PPP-Modelle nur die Leistungsverwaltung wie den Bau und Betrieb von Autobahnteilstücken und nicht die klassische Eingriffsverwaltung betreffen. Bei der Aufsichtstätigkeit der BaFin nach den Finanzmarktaufsichtsgesetzen, worunter auch das Geldwäschegesetz fällt, handelt es sich allerdings um einen Kernbereich der Eingriffsverwaltung. Gleiches gilt für die Aufgaben der FIU. Es geht hier um eine Aufsichtstätigkeit, die sich an polizei- und gewerberechtlichen Inhalten ausrichtet.

Der AFCA soll laut FIU, „mit Blick auf die Prävention, Aufdeckung und Ahndung von Geldwäsche“ eine entscheidende Rolle zukommen. Ermittlungen zur Verfolgung von Straftaten wie der Geldwäsche oder die Einleitung von Verwaltungsverfahren wegen Verstößen gegen geldwäscherechtliche Sorgfaltspflichten fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der dafür gesetzlich zuständigen Behörden. Genauso betrifft das die strafrechtliche Verfolgung von Delikten der Geldwäsche. In den Bereichen der Aufdeckung und Ahndung von Geldwäsche gibt es nichts, was „partnerschaftlich“ in outgesourcten Strukturen zu diskutieren oder gar auszuhandeln wäre.

Der AFCA soll als Impulsgeber für die strategische Zielsetzung eine wesentliche Rolle zukommen, obwohl der zuständige Expertenstab der AFCA aufgrund seiner Zusammensetzung und Leitung von Vertretern des Finanzsektors dominiert wird. „Impulsgeber“ für die strategische Zielsetzung bei der Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche können jedoch nach den Vorgaben der EU-Richtlinie 2015/849 ausschließlich der Gesetzgeber, die Bundesregierung und die zuständigen Behörden sein, nicht jedoch die private AFCA oder gar ihr von der Kreditwirtschaft dominierter „Expertenstab“. Insofern wird hier eine rote Linie bei der Aufsicht überschritten.

Verpflichtete Banken, sonstige Finanzdienstleister und andere Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz können bei der Geldwäscheprävention nicht „an einem Strang“ mit Aufsichtsbehörden, der FIU und den Strafverfolgungsbehörden ziehen. Dafür fehlt erstens die gesetzliche Legitimation. Es sollte jedem zweitens klar sein, dass Interessen von Aufsicht und Beaufsichtigten – auch bei der Geldwäscheprävention – in der Regel offensichtlich nicht deckungsgleich sind. Viel zu oft gab es in der Vergangenheit Fälle, in denen Geldinstitute nicht nur als eine Art missbrauchte Dienstleiter an Geldwäsche beteiligt waren, sondern eine aktive Rolle bei der Geldwäsche eingenommen haben – und sei es durch bereitwilliges Ignorieren der Taten.

Trotzdem werden hier wesentliche Teile bei der Erstellung von Risikoanalysen über typisierte Erscheinungsformen von Geldwäsche (Typologien) und sogar die strategische Ausrichtung der Anti-Geldwäschepolitik entgegen der klaren gesetzlichen Aufgabenzuweisung offenbar auf eine private Institution übertragen! Im Bereich der Prävention von Geldwäsche ist es in anderen EU-Staaten und auch international durchaus sinnvoll und üblich, sich im Dialog auszutauschen. So werden Erfahrungen über bestimmte Risikoszenarien oder Typologien und Lösungsansätze zwischen Beaufsichtigten, der FIU, Aufsicht und Strafverfolgungsbehörden und der Wissenschaft auf Initiative staatlicher Instanzen diskutiert. Das institutionalisierte, private Partnerschaftsmodell AFCA ist in der EU jedoch ein Unikat.

Was jetzt zu tun ist

Es führt kein Weg daran vorbei. Die erforderliche Expertise und die Qualifikationen auf dem Gebiet der Finanzanalysen müssen sich die zuständigen Behörden nicht über ungeeignete und rechtlich problematische PPP-Modelle, sondern primär über Selbstqualifikation und den intensivierten nationalen und grenzüberschreitenden Austausch mit anderen Behörden aneignen. Die FIU und die BaFin wären besser beraten gewesen, die Kooperation untereinander über einen etablierten Austausch von Verbindungsbeamten und der Schaffung eines Geldwäsche-Lagezentrums unter Beteiligung der Ermittlungsbehörden der Länder, des Zolls und anderer Aufsichtsbehörden zu optimieren und so ihre Leistungsfähigkeit zu steigern.

Hinzu kommt, dass insbesondere mit den ausländischen Behörden die Zusammenarbeit verstärkt werden sollte, da sie in ihrer Analysetätigkeit oft weiter sind als wir in Deutschland, zum Beispiel die italienische Guardia di Finanza. Bundesfinanzminister Lindner zeigte sich bei seinem Besuch bei der Guardia di Finanza im Februar 2022 von deren Arbeit und insbesondere von der Datenanalyse der Guardia die Finanza beeindruckt.[3] Nehmen wir den Minister beim Wort und achten darauf, welche Schritte Deutschland unternimmt, die Zusammenarbeit mit der Guardia die Finanza zu stärken und deren Modell der risikobasierten Datenauswertung zu übernehmen. In jedem Fall muss natürlich das Konstrukt AFCA aufgelöst werden.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag im Finanzwende-Blog. Die jeweiligen Autor*innen geben nicht zwangsläufig Finanzwende Positionen wieder.

 

Quellen

[1] Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, ZfgK 2021, 352.

[2] vgl. hierzu Rügemer, „Heuschrecken“ im öffentlichen Raum, Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments, 3. Auflage 2021.

[3] FAZ vom 05.02.2022

Autor Michael Findeisen

Michael Findeisen

Michael Findeisen war bis zum Jahr 2000 in der Bankenaufsicht (BAKred, heute BaFin) als Referatsleiter für Grundsatzfragen der Geldwäschebekämpfung zuständig. Außerdem war er über viele Jahre Referatsleiter im Bereich Geldwäsche und Zahlungsverkehr im Bundesministerium der Finanzen (BMF).

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