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Swap-Linien: Kappt die US-Zentralbank die Rettungsleine?

Prof. Doris Neuberger

07.11.2025

Wenn die Finanzwelt ins Straucheln gerät, sind die Swap-Linien der US-Zentralbank oft die letzte Rettung – eine unsichtbare Wurfleine im Sturm der Märkte. Doch was passiert, wenn die Fed unter Trump diese Verbindung kappt? Lesen Sie hier, wie gefährlich das wäre – und welche Alternativen es gibt.

  • Swap-Linien der US-Zentralbank (Fed) haben bei der Bewältigung der globalen Finanzkrise und weiterer Krisen wie der Covid-Pandemie eine große Rolle gespielt.
  • Diese wichtige Rettungsleine läuft Gefahr, von der Trump-Regierung gekappt zu werden.
  • Um sich dagegen zu wappnen, sollten Nicht-US-Zentralbanken enger zusammenarbeiten sowie die Banken- und Finanzmarktregulierung gestärkt werden.

Es ist wie bei einem Schwimmer, der im offenen Meer plötzlich die Kräfte verliert: Ohne die Wurfleine vom Boot würde er untergehen. Für Banken und Zentralbanken ist diese Rettungsleine immer wieder das Swap-Linien-System. Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) können sich damit US-Dollar bei der Fed leihen, die sie selbst nicht erzeugen können, aber zur Stabilisierung von Banken in Zahlungsschwierigkeiten dringend benötigen.

Ein US-Dollar-Swap-Geschäft ist ein Kredit der Fed

US-Dollar-Swap-Linien sind Vereinbarungen, in deren Rahmen die Fed anderen Zentralbanken US-Dollar leiht. Bei einem Swap-Geschäft hinterlegt eine Nicht-US-Zentralbank (wie die EZB) ihre Währung (Euro) bei der Fed und erhält dafür US-Dollar, die sie an Banken in ihrem Währungsgebiet (Eurozone) für eine Laufzeit weitergibt.

Warum brauchen europäische Banken US-Dollar?

Eine Bank wie die Deutsche Bank versorgt etwa deutsche Unternehmen mit US-Dollar, die in den USA investieren, Tochtergesellschaften betreiben oder Rohstoffe handeln, die in US-Dollar notiert sind. Sie braucht US-Dollar, wenn sie in dieser Währung Geld anlegt oder Kredite vergibt. Wenn Banken außerhalb der USA in US-Dollar Kredite vergeben, entstehen dadurch Einlagen und Finanzprodukte, die als „offshore“-Dollar gelten. Das Volumen dieser außerhalb der USA geschaffenen Dollar-Instrumente übersteigt inzwischen die von der Fed in den USA erzeugte Geldmenge.

So beläuft sich fast ein Fünftel des Finanzierungsbedarfs der Banken in der Eurozone auf US-Dollar. Die Dollarverbindlichkeiten der Nicht-US-Finanzinstitute erreichten 2024 fast 18 Billionen US-Dollar, mehr als 60 Prozent der US-Wirtschaftsleistung. Einschließlich außerbilanzieller Verpflichtungen sind es rund 50 Billionen US-Dollar. Viele davon sind kurzfristig und reagieren daher besonders empfindlich, wenn es schwieriger oder teurer wird, an US-Dollar zu kommen.

US-Dollar-Swap-Linien waren für die Bekämpfung der Finanzkrise entscheidend

Vor der Finanzkrise war es selbstverständlich, dass Banken sich kurzfristig Geld liehen – um tägliche Zahlungsungleichgewichte zwischen den Instituten auszugleichen. Dieses System beruhte auf Vertrauen: Wer solide wirtschaftete, bekam jederzeit Liquidität. Mit der Insolvenz von Lehman Brothers im September 2008 brach dieses Vertrauen jedoch abrupt zusammen, und das Finanzsystem drohte zu erstarren.

Um den Kollaps zu verhindern, richtete die Fed im Dezember 2007 Swap-Linien mit europäischen Zentralbanken ein. So konnten Banken in Europa leichter an US-Dollar kommen. Nach Lehman wurden die Programme auf zwölf weitere Zentralbanken ausgeweitet – ein schneller und entscheidender Schritt zur Stabilisierung der Märkte.

US-Dollar-Swap-Linien sind auch heutzutage wichtig

Im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise 2010 wurden die Swap-Linien auf Bitte des EZB-Präsidenten erneut eingesetzt. Seit 2013 sind sie dauerhaft und ohne Ablaufdatum für die EZB sowie vier weitere Zentralbanken (Großbritannien, Japan, Kanada, Schweiz) verfügbar.

In der Covid19-Pandemie 2020 löste die Flucht in die vermeintlich sicherste Anlage einen Ansturm auf „harte“, von der Fed ausgegebene US-Dollar aus, womit der Dollarpreis sprunghaft anstieg. Um einen weltweiten wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern, handelte die Fed innerhalb weniger Tage nach Ausrufung der Pandemie und pumpte bis April 2020 fast 450 Milliarden US-Dollar über Swap-Linien in die Weltwirtschaft.

2022 nahm die Schweizer Zentralbank die Swap-Linie zur Stützung der strauchelnden Credit Suisse in Anspruch.

Der Auswurf der Rettungsleine durch die USA ist nicht uneigennützig

Die Swap-Linien stabilisieren das vom US-Dollar abhängige Finanzsystem – und damit auch die US-Wirtschaft. Sie dämpfen Spannungen an den Finanzmärkten und sichern die weltweite Kreditversorgung.

Ohne Swap-Linien müssten Zentralbanken größere Dollarreserven halten – das würde den Dollar verteuern und die US-Exporte schwächen. Ein Wegfall könnte Staaten nach Alternativen suchen lassen und US-Banken mit Auslandsverflechtungen treffen.

Müssen wir uns Sorgen machen?

Es wird befürchtet, dass die Trump-Regierung die Swap-Linien kappt. Allein mit der Drohung könnten andere Länder erpresst werden. JD Vance, der Vizepräsident, verkündete, er „hasse es“, Europa aus der Patsche zu helfen.

Die Fed hingegen sieht die Swap-Linien noch immer als notwendiges Instrument zur Stabilisierung des US-Finanzsystems und ist per Gesetz in ihrem Handeln unabhängig von der US-Regierung.

Wie sollten wir vorsorgen?

Eine Möglichkeit wäre, die EU-Bankenregulierung zu verschärfen, um die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise mit Flucht in den Dollar zu senken. Banken sollten weniger Anreize haben, sich in US-Dollar zu verschulden, und größere Dollar-Puffer halten.

Nicht-US-Zentralbanken könnten außerdem ihre geschätzten Dollarbestände von 1,9 Billionen poolen und bei Bedarf tauschen. Das ist das Dreifache der maximalen Inanspruchnahme der Swap-Linien der Fed 2008 und das Vierfache des Spitzenwertes von 2020. Doch damit entstünden neue Abhängigkeiten von anderen Zentralbanken, die ebenfalls politischem Einfluss unterliegen. Diese Ansätze können die Swap-Linien nur teilweise ersetzen und bleiben unsicher.

Europa braucht daher jetzt mehr denn je eine starke Banken- und Finanzmarktregulierung. Verlustpuffer und Liquiditätsanforderungen in Fremdwährungen müssen steigen, und die internationale Zusammenarbeit enger werden. Europa sollte zugleich eigene Safe-Assets und stärker eurobasierte Handelsstrukturen aufbauen. Genauso wichtig ist, dass Regierungen und Zentralbanken weltweit den Wert der Swap-Linien erkennen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag im Finanzwende-Blog. Die jeweiligen Autor*innen geben nicht zwangsläufig Finanzwende Positionen wieder.

Prof. Doris Neuberger

Prof. Doris Neuberger

 

Prof. Doris Neuberger ist Gründungsmitglied bei Bürgerbewegung Finanzwende e. V. und lehrt am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Rostock. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Industrieökonomik der Bank, finanzieller Verbraucherschutz und die gesellschaftliche Rolle von Banken.

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