- Das Eindringen fachfremder Investoren in die Landwirtschaft setzt Landwirt*innen in Deutschland unter Druck
- Pacht- und Kaufpreise stiegen in den letzten 20 Jahren um fast 200 % – vor allem im Osten Deutschlands
- Fünf Fallbeispiele zeigen auf, wie große Unternehmensgruppen Schutzmechanismen umgehen und ihre Gewinne durch Steuerersparnisse, Umwidmung der Bodennutzung sowie hohe Subventionssummen maximieren
- Gezielte regulatorische Maßnahmen könnten diese Schlupflöcher schließen und die Entwicklung noch eindämmen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Landwirt*innen in Deutschland stehen vor großen Herausforderungen wie steigenden Kosten bei stagnierenden Einnahmen – daran hat sich auch seit den Protesten im vergangenen Jahr wenig geändert. Eine neue Studie der Finanzwende Recherche beleuchtet nun einen viel zu häufig übersehenen Aspekt, der die Lage weiter verschärft: das zunehmende Eindringen fachfremder Investoren in die Landwirtschaft.
So sind seit der Finanzkrise 2008 Agrarflächen für große Unternehmensgruppen und wohlhabende Privatpersonen eine attraktive Möglichkeit geworden, ihr Geld gewinnbringend anzulegen – auf Kosten der Landwirt*innen. Denn sie konkurrieren direkt mit Landwirt*innen um den Kauf neuer Flächen, diese Verknappung ist einer der zentralen Gründe für den rasanten Anstieg der Pacht- und Kaufpreise. So verzeichneten die Kaufpreise pro Hektar zwischen 2007 und 2020 einen Anstieg von fast 200 Prozent, in den ostdeutschen Bundesländern sogar von bis zu 440 Prozent. Landwirt*innen geraten so unter enormen finanziellen Druck und können nur noch schwer ihr Einkommen sichern.
Schutzmechanismen wie die Genehmigungspflicht und Vorkaufsrechte umgehen die Finanzinvestoren dabei in Form von sogenannten Share Deals, im Zuge derer – statt direktem Land – Unternehmensanteile gekauft werden. Im Gegensatz zu Landwirt*innen sparen die Investoren so zusätzlich die Grundsteuer.
Dieses Vorgehen zeigt die neue Finanzwende Recherche Studie anhand von fünf Fallbeispielen auf, darunter Analysen von Vonovia und Aldi Nord. Die Untersuchungen zeigen zudem, dass die hohen Einnahmen nicht nur durch üppige Pachteinnahmen und Subventionen in Millionenhöhe zustande kommen, sondern auch durch Nutzung der Flächen für Photovoltaik-Anlagen statt zum landwirtschaftlichen Anbau.
“Dass Agrarland zum Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren geworden ist, hat besorgniserregende Konsequenzen für Landwirt*innen”, so Michael Peters, Leiter des Bereichs Finanzsystem und Realwirtschaft bei Finanzwende Recherche. “Die Entwicklung ließe sich aber durch regulatorische Maßnahmen durchaus eingrenzen”.
Neben der Verhinderung der Share Deals könnten Agrarstrukturgesetze und Anzeigepflichten die Preisentwicklungen für Agrarland bremsen und Landwirt*innen dabei helfen, ihre Kosten zu senken und langfristig wieder tragfähiger wirtschaften zu können. Eine Reform der europäischen Subventionspolitik könnte ebenfalls dazu beitragen, Agrarflächen für fachfremde Investoren weniger attraktiv zu machen.
Die Zahlen und alle Hintergründe finden Sie hier: https://www.finanzwende-recherche.de/unsere-themen/finanzialisierung/bodenloser-profit-wenn-agrarland-zur-finanzanlage-wird/
Hintergrund
Finanzwende Recherche ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Organisation hat sich das Ziel gesetzt, für Aufklärung und kritische Debatten in der Finanzwelt zu sorgen. Dazu erstellt die Denkfabrik Konzepte, Analysen und Studien zu unterschiedlichen Themen und bereitet diese für Öffentlichkeit und Politik auf.
Bei Fragen und Interviewwünschen können Sie gerne auf uns zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Henriette Pflug
Finanzwende Recherche
Motzstraße 32, 10777 Berlin
Mob.: 0160 / 9298 1855