Presse­mitteilung

Big-Tech-Firmen im Finanzwesen – eine Gefahr für Europa?

06.06.2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

die zunehmende Präsenz sogenannter Big-Tech-Unternehmen im Finanzsektor stellt einer Analyse von Finanzwende Recherche zufolge ein Risiko für Verbraucher*innen, die Finanzstabilität und die Demokratie dar. Das ohnehin gewaltige Wachstumspotenzial von Big-Techs aus den USA und China vergrößert sich durch die Einführung von Finanzdiensten weiter, heißt es in der Studie. Gleichzeitig fehle es in Europa aber an den nötigen Regularien, um Verbraucher*innen und die Demokratie zu schützen.

„Die EU unterschätzt bisher die Gefahren, die von Big-Techs im Finanzsektor ausgehen”, sagt Carolina Melches, Digitalisierungsexpertin bei Finanzwende Recherche und Autorin der Analyse. „Aber jetzt ist genau die richtige Zeit zu handeln.” In Europa seien die US-amerikanischen und chinesischen Firmen auf den Finanzmärkten längst nicht so etabliert wie auf ihren jeweiligen Heimatmärkten – noch nicht. Dass die Big-Techs das ändern wollen, sei aber offensichtlich. Das zeigt auch das Engagement des chinesischen Unternehmens Alipay als Sponsor der nächste Woche beginnenden Fußball-Europameisterschaft.

Die Studie „Mehr Macht, mehr Geld: Big-Techs im Finanzwesen“ zeigt detailliert, mit welchen Mitteln Big-Tech-Firmen wie Meta, Google, Amazon und Co. in den Finanzbereich vordringen. So steigt die Gefahr eines unkontrollierten Machtanstiegs ohne entsprechende Aufsicht. „Big Data, neueste Technologien und ein großer, bereits existierender Kundenstamm sind eine gefährliche Kombination“, sagt Melches. Innerhalb kürzester Zeit könnten die Big-Tech-Firmen als Finanzmarkt-Akteur so groß werden, dass sie „too big to fail” oder besser „too connected to fail” (zu vernetzt zum Scheitern) sind. „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass solche Institute auf staatliche Hilfe hoffen können, wenn der Krisenfall eintritt.”

Das bis 2020 rasante Wachstum von Alipay, die größte Finanz-Plattform Chinas und Big-Tech-Tochter von Alibaba, zeigt die Ausmaße, die Big-Techs im Finanzwesen annehmen können. Heute ist fast die Hälfte der chinesischen Bevölkerung auf der Plattform aktiv, der Zahlungsdienst wickelt jährlich Transaktionen im Wert von mehr als 110 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes ab.

Doch die Studie zeigt auch, dass sich der enorme Machtzuwachs der Big-Tech-Firmen und die damit einhergehenden Risiken abfangen lassen. Dafür gibt es den Angaben nach mehrere Möglichkeiten: Erstens eine maßgeschneiderte Regulierung speziell für Big-Techs auf dem Finanzmarkt, die jedoch sehr komplex und aufwendig wäre. Melches plädiert in ihrer Studie daher eher für die zweite Option – also dafür, die Finanzsparte streng vom Kerngeschäft der Unternehmen zu trennen und diese dann den regulären Aufsichtsbehörden für die Finanzmärkte zu unterstellen. „Wenn Big-Techs Finanzdienstleistungen anbieten, müssen sie auch auf die entstehenden Risiken hin kontrolliert werden.”

Weitere Informationen und die vollständige Studie finden Sie hier: https://www.finanzwende-recherche.de/unsere-themen/digitalisierung-finanzsektor/big-techs-im-finanzwesen/

Hintergrund

Finanzwende Recherche ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Organisation hat sich das Ziel gesetzt, für Aufklärung und kritische Debatten in der Finanzwelt zu sorgen. Dazu erstellt die Denkfabrik Konzepte, Analysen und Studien zu unterschiedlichen Themen und bereitet diese für Öffentlichkeit und Politik auf.

Bei Fragen und Interviewwünschen können Sie gerne auf uns zukommen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Hanraths
Finanzwende Recherche
Motzstraße 32, 10777 Berlin
Mob.: 0160 / 9298 1855

presse@finanzwende-recherche.de 

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